Getriebeüberholung Merdeces-Benz L 319

Eigentlich läuft der Motor meiner Kutschkugel recht ruhig, gleichmäßig und rund. Doch da wir bei Oldtimern und überhaupt bei Fahrzeugen auf ungewöhnliche Geräusche hoch sensibel sind und wir eine gewisse minimale Geräuschentwicklung bemerken, entschließen wir uns dazu, das Getriebe zu zerlegen und der Sache auf den Grund zu gehen.

Wir haben uns dazu entschlossen, das Getriebe im „Do it yourself-Verfahren“ zu revisionieren, da wir denken, dass es (entgegen diverser Meinungen im Internet) keinen Sinn macht, es in eine Mercedes- oder Lkw-Werkstätte zu bringen. Diese werden die Oldtimer-Getriebe vermutlich ans Werk zurückschicken und falls diese dort überhaupt noch überholt oder repariert werden, ist das bestimmt mit sehr hohen Kosten verbunden.

Die Erfahrungen die wir gemacht haben und Wissenswerte, auf das wir bei der Überholung des Getriebes meines Mercedes-Benz L 319 gestoßen sind, sind hier zusammengefasst. Auch für uns war das ganze Thema – zumindest im Praxisbereich – vorher absolutes Neuland!

Von der Baureihe Mercedes-Benz L 319 ist im Ersatzteilekatalog von Mercedes kein Getriebe mehr verzeichnet. Jedoch ist das Getriebe baugleich mit dem Düsseldorfer Transporter T 2, der den beliebten Nachkriegstransporter L 319 abgelöst hat. Und diese Teile sind teilweise noch im Meredes-Benz-EPC (Electronic Part Service) zu finden.

Das Beste ist natürlich, eine Reparaturanleitung zu haben. Die ist für den Mercedes L 319 sehr schwierig zu finden. Das Getriebe ist von der Zahnradfabrik Friedrichshafen – kurz: ZF. Da könnte man vielleicht noch eine Anleitung her bekommen. 

Unser Tip: Mit sehr viel Vorsicht an die Sache ran gehen um nichts dauerhaft zu beschädigen und damit einem nicht alle Teile entgegen fliegen. Oberstes Gebot: Langsam, mit Bedacht und ruhig arbeiten! Ganz nach dem Motto „In der Ruhe liegt die Kraft!“ Alles schriftlich dokumentieren, fotografieren, markieren. Lieber mal ein Foto mehr machen, damit beim Zusammenbau alles wieder an der richtigen Stelle sitzt und kein Teil übrig bleibt 😉

Alle Teile sauber, so wie sie im Einbauzustand sein sollten, sorgfältig gereinigt auf eine separate Arbeitsfläche legen. Beim Zerlegen unbedingt die Schraubenlängen beachten, da sich diese manchmal nur um ein paar Millimeter unterscheiden. Am besten gleich wieder in das jeweilige Gehäuseteil einstecken, damit die richtige Schraubenposition beim Zusammenbau gewährleistet ist.

  • Beim Reinigen hat sich am besten das gute alte Benzin in Form einer alten 2-Takt-Mischung bewährt.

Getriebeöl

Das Schaltgetriebe wird beim Mercedes L 319 mit ATF geschmiert. Das ist ein relativ dünnflüssiges Öl, nicht honigfarben gelb sondern leicht rot (etwa wie Himbeerbrause). Was auffällt ist, dass die Farbe des Getriebeöles hier (nach ca. 1 Jahr) etwas bräunlich ist. Das ist bei Getriebeöl eigentlich nicht üblich.  Der Alterungsprozess bei Getriebeöl ist ja nicht, wie beim Motorenöl, dass man es honiggelb einfüllt und es dann schwarz rauskommt. Deswegen die Vermutung, dass hier Material am Verschleißen oder Abreiben ist. Getriebeöl sollte beim Wechsel, wenn es nicht uralt ist, farblich wie Pflanzenöl sein: rapsgelb bis maximal honigdunkel aber auf keinen Fall braun.  Wenn das der Fall ist, ist wahrscheinlich etwas am Getriebe nicht in Ordnung.

Synchronisierung

Die Funktion bei den moderneren Getrieben ist in der Regel so, dass die Ansteuerung von der Seite ist: H-Schaltung mit 3 Hebeln, 4- oder 5- Gang. Der 1. Hebel ist in der Regel der Rückwärts- und der 1. Gang, der 2. Hebel ist der 2./ 3. Gang, der 3. Hebel ist der 4./5. Gang.

Bei diesem Getriebe ist die Synchronisierung ein bisschen anders: 1 Hebel für Rückwärtsgang, dann 1. /2. Gang, (Ruhestellung an der Seite) das ist beim Zusammenbauen dann zu beachten, 2. Hebel 3./4. Gang

Unser Getriebe (Knutschkugel) – Diagnose:

Ein Ring ist einwandfrei gelaufen. Hier sieht man keinerlei Einlaufspuren, aber an einer anderen Stelle sieht es so aus und fühlt sich auch so an, als ob ein minimaler Trockenlaufschaden entstanden ist. Problematischer ist wahrscheinlich das (Video 11:00) Radialspiel der Eingangswelle. Das wackelt sehr und hat auch schon gewackelt, als der vordere Gehäuseteil noch befestigt war. Die Lager innen sind Kegel- Radlager, das heißt, je weiter man die auseinander zieht, desto mehr Spiel bekommt das Ganze. Das erscheint zu groß: Hinten ist gefühlt gar kein Spiel vorhanden, vorne ist alles sehr wackelig. 

 

  • Wir müssen noch weiter zerlegen um herauszufinden, welche Lager einen Schaden haben.

Auf dem äußeren Lager ist ein Sicherungsring mit Nut drauf. Der ist mit einer Sägeringzange abzunehmen und das Lager ist leicht herunternehmen.

Auf den ersten (völlig unfachmännischen Blick) schaut das alles ganz gut aus und die Zahnradsätze scheinen keinen Schaden genommen zu haben.

Eingangslager

Eines der Eingangslager vom Getriebe des Mecedes L 319 ist relativ normaler Standard: ein 66.06. Z Kugellager, einseitig geschlossen ohne Nut. Das zweite Eingangslager, ist ein Rillenkugellager mit der Bezeichnung SKF3NU06N

  • Dichtungen werden erneuert um einen eventuellen Ölverlust zu stoppen.

Das Schaltgehäuse mit den Schaltklauen und der Rückwärtsgangbetätigung scheint soweit in Ordnung zu sein.

Oben auf dem Schaltgehäuse sass ein Kunststoffring. Dieser dient wahrscheinlich dazu, den Schalthebel in der Position „vorwärts“ /“rückwärts“ zu positionieren.

  • Der Kunststoffring wird ersetzt. Die Ölablassschraube und die Füllschraube werden ersetzt.
  • Der Dichtring bei der Eingangswelle von der Kupplung wird ausgewechselt. Der ist bei Mercedes noch lieferbar 🙂

Getriebedeckel

Der Getriebedeckel vom Mercedes-L 319 ist nicht mehr mit Stahlfederringen abgedichtet, sondern nur noch mit einem ganz normalem Simmering. Nachfertigungen der Flächendichtung sind bei Mercedes Niemüller für wenig Geld zu bekommen.

Alles soll wie im Neuzustand trocken montiert werden und falls doch Gehäusedichtpaste verwendet wird, wird diese hier nur hauchdünn aufgetragen.

Dichtungen

Nach hinten gibt es ein Papierdichtung Am vorderen Teil gab es bei einigen Ausführungen des Getriebes eine Dichtung – diese ist allerdings nicht mehr lieferbar. Hier wird auf jeden Fall Gehäusedichtpaste zum Einsatz kommen. Dichtungen selbst nachzufertigen ist hier sicher keine gute Idee, da, je nach stärke des Papiers, der Abstand vom Deckel erhöht wird. Und da  im Original-319er-Ersatzteilkatalog bei Mercedes an dieser Stelle keine Dichtung vorgesehen ist und auch keine Ersatzteilnummer existiert, wird vorne mit Dichtpaste abgeschlossen.

An einer anderer Stelle gibt es noch eine Stellschraube. Evtl. für den Rückwärtsgang? Die wird erstmal nicht angefasst, da diese einzujustieren am besten mit Hand einer Reparaturanleitung funktioniert. Am besten beim rausdrehen dokumentieren, wie viele Umdrehungen sie herausgedreht ist, fotografieren, markieren.

  • Die Wellen werden erstmal nicht zerlegt: NEVER TOUCH A RUNNING SYSTEM!

Der hintere Anschluss für die Antriebskardanwelle ist mit einer Nutmutter versehen, die nur mit einem Spezialschlüssel zu lösen ist. Das ist ein spezieller Hakenschlüssel mit vier Klauen zum draufstecken. Wenn diese Nutmutter nicht gelöst ist, ist der Antriebsflansch für die Kardanwelle nicht runter zu bekommen und auch das Gehäuse des Tachoantriebes geht nicht ab. Dementsprechend ist das Getriebe nicht zu zerlegen. Die Vorgelegewelle ist zweiteilig und die ist nur auszubauen, wenn dieser Deckel ab ist….

  • Damit der innere Teil der Lagerschale abgezogen werden kann, muss noch ein Abzieher angeschafft werden.
  • Auch soll vor der Anfrage bei Kugellagerhändlern erst mal alles auseinander genommen werden, damit die Anzahl und der Zustand der Kugellager festzustellen ist und auch die entsprechenden Lagerkäfige angefragt werden können.

Jetzt stecken wir also erstmal fest! 

Forsetzung folgt …..

Eure Werkeline

Auf meinem YouTube-Kanal findet Ihr die Getriebeüberholung in bewegten Bildern 🙂

 

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